Angepasste Bewegung stabilisiert den Stoffwechsel, beugt Gebrechlichkeit und Demenzen vor
In Deutschland sind mehr als zwei Drittel aller Menschen mit Diabetes mellitus über 65 Jahre alt. Unter den etwa 9 Millionen Menschen mit Typ-2-Diabetes gehört ein Viertel der Altersgruppe der über 75-Jährigen an und etwa 1 Million ist über 80 Jahre alt. Wie für jüngere Menschen mit der Stoffwechselerkrankung ist für Seniorinnen und Senioren eine stabile Glukoseeinstellung wichtig, um Folgeerkrankungen zu vermeiden und eine hohe Lebensqualität zu erhalten. Daher profitieren auch sie von regelmäßiger Bewegung.
Außerdem beugen sie damit Stürzen und Gebrechlichkeit vor. Körperliche Aktivität kann auch die Entstehung beziehungsweise das Fortschreiten von Demenzen verhindern. Auf dem Diabetes Kongress 2024, der hybrid in Berlin und online stattfindet, diskutieren die Teilnehmenden, wie behandelnde Diabetesteams mehr Bewegung bei älteren Menschen fördern können. Dr. med. Stephan Kress stellte auf der Vorab-Pressekonferenz (online) zum Diabetes Kongress am Dienstag, den 23. April 2024, aktuelle Erkenntnisse dazu vor.
„Was das grundsätzliche Pensum angeht, gelten für Seniorinnen und Senioren dieselben Bewegungsempfehlungen wie für Erwachsene anderer Altersgruppen“, sagt Dr. med. Stephan Kress, Vorsitzender der DDG Arbeitsgemeinschaft „Diabetes, Sport & Bewegung“, und Sektionsleiter der Abteilung für Gastroenterologie und des zertifizierten Diabeteszentrums am Vinzentius-Krankenhaus in Landau in der Pfalz. „Wir raten ihnen, mindestens 150 bis 300 Minuten pro Woche in moderater Intensität oder mindestens 75 bis 150 Minuten in höherer Intensität körperlich aktiv zu sein.“ Bei älteren Erwachsenen führe körperliche Aktivität nicht nur zu einer Verbesserung des Stoffwechsels, sondern erhalte auch Muskelkraft, Knochengesundheit sowie funktionelle und kognitive Fähigkeiten.
Die grundlegende bewegungs- und trainingsinduzierte Anpassungsfähigkeit, also die Trainierbarkeit, bleibt auch im Alter erhalten. „Die Herausforderung für Behandelnde ist die hohe körperliche Heterogenität der Gruppe älterer Menschen ab 65 Jahren: Manche Seniorinnen und Senioren benötigen mit 70 Jahren bereits Pflege und Hilfe im Alltag, während andere mit über 90 noch körperlich fit sind und selbständig leben“, erklärt Stephan Kress. Rein altersabhängige Empfehlungen würden dem nicht gerecht. Bewegungsfördernde Übungsprogramme müssen sich an der individuellen körperlichen Leistungsfähigkeit, Gebrechlichkeit und vorliegenden Erkrankungen orientieren, sagt der Diabetologe: „Bei körperlich aktiven Personen steht ein kombiniertes Ausdauer- und Muskeltraining im Vordergrund. Aber auch die Balance und funktionelle Beweglichkeit sollten trainiert werden.“ Dafür eigne sich besonders Radfahren oder Schwimmen, aber auch Tai Chi, Yoga und Tanzen.
Bei bereits gebrechlicheren Seniorinnen und Senioren stünden Kraftübungen mit elastischen Bändern, Dehnübungen und Alltagsaktivitäten wie Gehen, Armbewegungen und Treppensteigen im Vordergrund. Stark bewegungseingeschränkte Menschen im Pflegeheim würden von Sitzgymnastik oder motorisiertem Bettfahrradtraining profitieren. „Aus Sicht der Diabetologie und Altersmedizin ist es sinnvoll, mehr aktivierende Bewegungsangebote für Menschen mit Diabetes in Pflegeeinrichtungen vorzuhalten und zu generieren, da besonders sie häufig unter Bewegungsmangel leiden“, betont Stephan Kress: „Je länger körperliche und geistige Fähigkeiten erhalten bleiben, desto selbstständiger können sich Menschen mit Diabetes Typ 1 oder Typ 2 auch im Alter um ihre Therapie kümmern.“
Quelle: DDG