Konzert- und Festival-Sommer mit Diabetes? Na klar
Ob eintägiges Open-Air oder mehrtägiges Festival mit Zelt und Camping: Auch Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes können unbeschwert Livemusik genießen – vorausgesetzt, sie behalten ihren Glukosespiegel im Blick. Denn Tanzen, Hitze, ungewohnte Essenszeiten oder Alkoholkonsum können den Stoffwechsel beeinflussen. Mehrtägige Festivals bedeuten oft lange Tage, viele Schritte und unregelmäßige Mahlzeiten. Deshalb vorplanen, was rund um die Therapie ins Gepäck sollte. Dazu gehört: ausreichend Insulin und/oder etwaige weitere Medikamente wie orale Antidiabetika, Glukosemessgerät, Teststreifen und Traubenzucker – idealerweise transportiert in einer Bauchtasche oder einem Rucksack, der stets mitgeführt wird. Auch Ersatzbatterien, Kühlbeutel für Insulin sowie ein kleiner Erste-Hilfe-Kasten können hilfreich sein.
Hitze, Bewegung, Alkohol oder zuckerreiche Getränke: Stoffwechselverlauf im Blick behalten
Hohe Temperaturen können bei Menschen mit Diabetes Typ 1 die Wirkung von Insulin beschleunigen – was zu Unterzuckerungen führen kann. Viel Bewegung, etwa durch Tanzen oder weite Wege auf dem Festivalgelände können dies noch verstärken. Deshalb Glukosespiegel regelmäßig kontrollieren und Snacks wie Müsliriegel oder Traubenzucker griffbereit zu haben. Alkohol wirkt zeitversetzt, wer trinkt, sollte regelmäßig auf den Glukosespiegel schauen, kleine kohlenhydratreiche Snacks essen und seine Insulindosis bei Bedarf anpassen. Umgekehrt können zum Beispiel zuckerreiche Energydrinks bei Menschen mit Diabetes Typ 2 zu einer Überzuckerung beziehungsweise Hyperglykämie führen.
Im Vorfeld und vor Ort sich selbst und andere informieren
Sicherheit geht vor – auch beim Feiern. Menschen mit Diabetes sollten vorab das Notfallzelt auf dem Festivalgelände lokalisieren und einen Diabetes-Ausweis mit sich führen. Zudem ist es ratsam, Freundinnen und Freunde einzuweihen: Im Fall einer Unterzuckerung können sie schnell helfen.
Manche Veranstalter verbieten das Mitbringen von Lebensmitteln und Getränken. Ein ärztliches Attest kann dazu beitragen, Ausnahmen zu ermöglichen und Komplikationen beim Einlass zu vermeiden. Fragen dazu beantworten im Vorfeld in der Regel die Festival-Organisatoren.
Tipps kompakt:
Genug Wasser trinken – bes. bei Hitze.
Kohlenhydrathaltige Snacks einpacken, auch für längere Anreisen.
Glukosespiegel regelmäßig kontrollieren, CGM nutzen, Alarm für niedrige Glukosewerte (Hypoglykämiegrenze) nach oben setzen.
Medikamente und Messgeräte kühl und trocken lagern.
Mit Begleitpersonen sprechen und gemeinsam feiern.
Bei Insulinpumpen die temporäre Basalrate anpassen oder den Sportmodus nutzen. Sofern das AID* angeschaltet ist, den Zielwert ggf. korrigieren.
Feiern, trinken, lieben – was junge Menschen mit Diabetes wissen sollten
Alkohol ist ein Zellgift und der Konsum nicht risikofrei. Bei Menschen mit Diabetes kann er zu starken Blutzuckerschwankungen führen – je nach Getränk und Menge steigt der Blutzuckerwert deutlich an oder fällt gefährlich ab. Besonders riskant ist Alkohol in Kombination mit Insulin oder bestimmten Tabletten: Hier droht eine Unterzuckerung, da Alkohol die Zuckerfreisetzung der Leber hemmt. Gleichzeitig enthalten viele alkoholische Getränke große Mengen Zucker. Deshalb gilt: maßvoll genießen, immer mit einer Mahlzeit kombinieren und den Glukosewert regelmäßig kontrollieren. Außerdem erhöhen Bewegung wie Tanzen und auch wenig Schlaf die Gefahr für gefährliche Unterzuckerungen.
Ein Notfall-Kit gehört in jede Partytasche
Vor dem Event sollten Menschen mit Diabetes einen leicht erhöhten Zielwert (Sicherheitswert) haben – so etwa 8,3 bis 10 mmol/l (150 bis 180 mg/dl). Ins Notfall-Kit gehören schnell wirkende Kohlenhydrate wie Traubenzucker oder Fruchtsaft, bestenfalls ein Glukagon-Notfallset und ein Hinweis auf die Erkrankung – etwa in Form eines Armbands oder einer Notfallkarte im Handy. Das Glukagon-Notfallset ist unter Alkoholeinfluss nicht zuverlässig wirksam, denn bei starkem Alkoholkonsum (und auch bei bestimmten Drogen) kann die Leber in ihrer Funktion beeinträchtigt sein – insbesondere in der Fähigkeit, Glukose aus ihren Reserven freizusetzen. Da das Glukagon im Notfall-Kit genau diese Glukosefreisetzung triggern soll, kann die Wirkung bei Alkohol- oder Drogenkonsum ausbleiben oder deutlich abgeschwächt sein. In solchen Fällen sollte möglichst frühzeitig der Rettungsdienst (112) alarmiert werden. Angehörige und das Umfeld sollten über diese Einschränkung informiert sein, um richtig zu reagieren.
Sexualität und Diabetes – ein Thema mit Unsicherheiten
Sex ist körperliche Aktivität – und kann wie Sport den Blutzuckerspiegel senken. Besonders bei insulinpflichtigen Menschen steigt dadurch das Risiko für Unterzuckerungen. Weil Symptome wie Herzrasen oder Schwitzen sowohl auf Lustempfindungen als auch auf eine Unterzuckerung hindeuten können, braucht es ein Bewusstsein dafür und gute Vorbereitung. Dazu gehört: Blutzuckerwerte vor und nach dem Sex überprüfen und kohlenhydrathaltige Snacks bereithalten. Wichtig ist aber auch eine offene Kommunikation mit dem Partner oder mit der Partnerin über das Thema Diabetes und mögliche Risiken. Fragen zum Umgang mit Insulinpumpen oder Sensoren bei körperlicher Nähe lassen sich vorab in der Beratung klären. „Es ist wichtig, auf die individuellen Vorlieben der Betroffenen zu schauen: Einigen ist die Insulinpumpe beim Feiern und Flirten unangenehm. Ob sie für einen Abend abgekoppelt werden kann, sollte mit dem Diabetes-Team individuell besprochen werden
Quellen: diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD)